Donnerstag, 20. Mai 2010

Keine Vertröstung auf die Hölle

Zum Geburtstag gibt’s Geschenke. Bad Religion aus Los Angeles feiern ihr 30-jähriges Band-Jubiläum. Sie haben die Hardcore-Landschaft der vergangenen Jahrzehnte entscheidend mitgeprägt. Doch anstatt sich zum Jubiläum beschenken zu lassen, macht die Band ihren Fans ein Geburtstags-Geschenk: Seit vorgestern steht das Album „30 Years Live“ zum kostenlosen Download bereit.

Dieses Live-Album schlägt den Bogen zurück in die musikalische Anfangszeit der Band. Denn es beginnt mit dem Stück, das auch schon der Debut-LP „How Could Hell Be Any Worse?“ von 1982 ihren Namen verliehen hat, nämlich mit „Fuck Armageddon – This Is Hell“. Wie schon vor 30 Jahren knüpfen Bad Religion damit an einen Ausspruch des Philosophen Karl Marx an, der von der Religion in seiner Schrift über die „Hegelsche Rechtsphilosophie“ einmal sagte, sie sei das „Opium des Volks“. Damit wären wir eigentlich bei den Toten Hosen angelangt, doch die wollen wir ein andermal weiter hören. Marx jedenfalls unterstellt der Religion eine lähmende Wirkung. Die Gläubigen werden durch sie nur bedröhnt, da man sie auf den Himmel vertröstet. Die Hoffnung auf den Himmel wirkt wie ein Rauschmittel, durch das die fürchterliche Realität im Hier und Jetzt leichter ertragen werden kann.

Bad Religion sehen das im Prinzip genau so – nur anders herum. Sie halten nicht nur eine Vertröstung auf den Himmel für Unsinn, sondern sie können auch mit der Aussicht auf die Hölle wenig anfangen. Gegen die Religion gehen sie darum auf die Barrikaden. „Wie könnte es in der Hölle schlimmer zugehen als in unserer Gegenwart?“ fragen sie und geben sich dabei insbesondere sehr skeptisch gegenüber religiösen Endzeithoffnungen. Armageddon ist nach der biblischen Tradition der Name des Schlachtfelds für den letzten großen Kampf der Menschheit, bevor das Ende der Welt hereinbricht. „Scheiß auf Armageddon!“ sagen dagegen Bad Religion, „Wir haben die Hölle doch schon hier!“ Wenn dein gegenwärtiges Dasein und die Welt, in der du lebst, sich schon so anfühlen wie des Teufels Küche, dann musst du dich gar nicht erst auf die Hölle vertrösten lassen.

In „Fuck Armageddon“ stellen Bad Religion besonders die Kriegsindustrie an den Pranger. Ihre Existenz liefert den Beweis dafür, das bereits die Gegenwart die Hölle sein muss. Bad Religion rufen ihre Fans zu sich auf die Barrikaden, um gemeinsam die Temperatur der Hölle nach unten zu regeln. Man muss nicht versuchen, es sich auf Satans Bratspieß bequem zu machen, sondern Veränderung ist möglich, wo Menschen den Mut und die Kraft dazu aufbringen. Denjenigen, die zwar an Gott glauben und sich dadurch trotzdem nicht benebeln lassen wollen, steht übrigens die gleiche Möglichkeit offen.

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