Es gibt schlaue Schweinchen, und es gibt doofe Schweinchen. Das wissen wir, seit wir als Kinder die Disney-Verfilmung eines bekannten Märchens gesehen haben, das von einem großen bösen Wolf und drei kleinen Schweinchen handelt. Schweinchen aller Art bauen sich gerne Häuser. Doofe Schweinchen benutzen dafür derart ungeeignete Baumaterialien wie Stroh oder Reisig. Schlaue Schweinchen hingegen bauen ihre Häuser aus stabilen Ziegelsteinen. Wenn dann der böse Wolf kommt, dessen Atem infolge des Genusses zahlreicher Hustenbonbons sehr kräftig ist, kann er die Häuser der doofen Schweinchen mühelos umpusten, während das Haus des schlauen Schweinchens stehen bleibt. In dem Disney-Trickfilm besitzen die doofen Schweinchen immerhin genug Grips, um sich dann noch schnell aus dem Staub zu machen und sich im Haus des schlauen Schweinchens in Sicherheit zu bringen, bevor der Wolf sie schnappen kann.
Nun ist diese Geschichte aber viel älter als der Disney-Film. Die älteste sehr bekannte Fassung stammt aus dem Buch „English Fairy Tales“ von Joseph Jacobs (London 1890). Dort geht es etwas blutrünstiger zur Sache als bei Disney: Der Wolf frisst die doofen Schweinchen auf. Dafür wird er aber am Ende von dem schauen Schweinchen in einen Kochtopf gesteckt und zu einem leckeren Chili verarbeitet.
Die Geschichte von den drei kleinen Schweinchen reizt scheinbar die musikalische Kreativität punkiger Rockbands. Schon 1993 haben die Ostküsten-Rocker Green Jellÿ mit der Single „Three Little Pigs“ eine Klamauk-Version des alten Märchens veröffentlicht. Darin kiffen die doofen Schweinchen, das schlaue studiert Architektur. Der Wolf fährt auf seiner fetten Harley vor und wird zum Schluss von John J. Rambo persönlich zur Strecke gebracht.
Etwas ernsthafter greift die Folk-orientierte Punk-Band Flatfoot 56 auf ihrem neuen Album „Black Thorn“ (Old Shoe Records, März 2010) das Märchen auf. Für meine Begriffe ist das Stück „Smoke Blower“ sehr klar der coolste Track der Platte und daher unbedingt empfehlenswert. Das Lied stellt die Frage, was im Leben wirklich zählt, bildlich gesprochen: worauf ein Mensch sein Lebenshaus schlauerweise aufbauen kann. Damit öffnet diese Punk-Platte den Blick dafür, woher das Märchen von den drei kleinen Schweinchen eigentlich kommt. Es geht zurück auf das biblische Gleichnis von zwei Männern (Matthäusevangelium, Kapitel 7): Einer von beiden ist doof und baut sein Haus auf Sand. Der andere ist schlau und baut auf stabilen Felsen. Dann kommt ein Unwetter. Wie der böse Wolf bläst der Sturm das Haus des doofen Mannes um; nur das Haus des schlauen Mannes bleibt stehen. „Sei lieber schlau, und bau auf das, was dein Leben wirklich tragen kann“, sagt Jesus – und sagen auch Flatfoot 56.
Freitag, 28. Mai 2010
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