Mittwoch, 4. Mai 2011

Kuddelmuddel im Vereinigten Königreich

Doppelt gemoppelt hält besser. Das dachten sich schon die Dichter der biblischen Psalmen. Deswegen sagen sie gerne das Gleiche zweimal mit unterschiedlichen Worten. Beispielsweise am Anfang des bekannten Psalm 108: „Gott, deine Güte ist so groß wie der Himmel / und deine Treue ist so weit wie die Wolken.“ Zwei Aussagen, eine Bedeutung. Die biblische Versdichtung benötigt keinen Reim, sondern sie basiert ganz auf dieser Doppelmoppeligkeit. Die Fachleute nennen das den „poetischen Parallelismus“, weil immer zwei Aussagen parallel zueinander stehen.

Auch außerhalb der Bibel gibt es Poesie mit Parallelismus. Ich rede von einem legendären Stück Punk-Geschichte: Die Sex Pistols als London veröffentlichen im Jahr 1976 ihre wegweisende Single „Anarchy in the UK“, und der Liedtext dieses Stücks beginnt mit den folgenden poetischen Worten:
I am an Anti-Christ,
I am an Anarchist.
Vor allem hat der Sänger Johnny Rotten es hier natürlich darauf abgesehen, etwas möglichst Schlimmes und damit Provokatives von sich zu geben. Aber unbewusst formt er auch einen Parallelismus. Seine beiden Verszeilen drücken mit unterschiedlichen Worten die gleiche Sache aus. Johnny Rotten ist erstens gegen das Christentum eingestellt und versteht sich in diesem Sinne als Anti-Christ. Und er lehnt zweitens Herrschaft ab und liebäugelt darum mit dem Anarchismus. Mit diesem krassen Programm haben die Sex Pistols vor 35 Jahren tatsächlich für mächtig Furore im Vereinigten Königreich gesorgt.

Aber auch heute noch bietet der alte Text Zündstoff. Denn durch den Parallelismus identifziert der Liedtext Christentum und Herrschaft miteinander. Und auf beides haben die Sex Pistols keinen Bock. Das Christentum ist für sie die Religion des erhobenen Zeigefingers, die eine Reihe von abstrusen Verhaltensregeln aufstellt, damit die Menschen nach ihrer Pfeife tanzen müssen.

Einer, der sich auch schon früh gegen diese Auffassung vom Christentum gewehrt hat, heißt Paulus. Der Apostel hat es allerdings mit einigen Christen zu tun, die ganz versessen darauf sind, allerhand Regeln zu befolgen. Sie sagen sich: Indem wir uns an Vorschriften halten, können wir unserem Christsein am besten Ausdruck verleihen. Paulus hält dagegen: Beim Christsein geht es nicht in erster Linie um die Gesetze sondern um den Glauben an Jesus Christus. Zu Jesus Christus zu gehören, das ist für Paulus das, was wirklich zählt. Seiner Ansicht nach folgt aus dieser Beziehung der Glaubenden zu Christus sogar eine enorme Freiheit. Paulus schreibt: „Christus hat uns frei gemacht“ (Galaterbrief, Kapitel 5).

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