Freitag, 27. April 2012

Botschaft mit Musik

Ein Interview mit Burn the Christmastree

Osterdienstag in Willingen im Sauerland: Vier Fünftel von Burn the Christmastree dopen sich mit einigen Bechern kalten Kaffees für ihre bevorstehende Show in der Evangelischen Kirche. Der fünfte Mann hängt noch auf der Autobahn fest, wo der Kaffee vermutlich wärmer ist. Hinter dem schnodderigen Namen Burn the Christmastree verbirgt sich eine junge Ska-Punk-Band aus Sachsen. Die beiden Trompeter Ruben und Gerd sowie Schlagzeuger Tim und Gitarrist Daniel beantworten mir ein paar Fragen. Im Gespräch wird mir schnell klar: Was diese Jungs zu bieten haben, wäre als „Musik mit Botschaft“ nur unzureichend beschrieben. Eigentlich handelt es sich vielmehr um „Botschaft mit Musik“.

Ich habe euch einen Schoko-Hasen zur Stärkung mitgebracht.
Alle (brav): Dankeschön.
Daniel: Auf unserer CD ist auch ein Osterhase drauf.
Provoziere ich euch mit dem Hasen? Wie aggressiv reagiert ihr auf christliche Fest-Traditionen?
Daniel: Ach, so schlimm ist das nicht. Unsere Band ist so entstanden, dass wir anfangs noch zu dritt ein bisschen experimentiert und Punkrock gespielt haben. Und das war halt einige Zeit vor Weihnachten.
Tim: Im Oktober!
Daniel: Und da ging es dann schon los in den Supermärkten, mit den Weihnachtsmännern und Weihnachtsliedern und allem, was so dazu gehört. Nur das wirkliche Weihnachten, das interessiert halt kaum jemanden. Deswegen haben wir uns gedacht: Wir könnten doch mal den Weihnachtsbaum symbolisch verbrennen.
Habt ihr das wirklich gemacht?
Daniel: Nicht konkret. Aber...
Gerd: Wir hatten keine Zeit dazu, weil wir ja an unserer Musik gearbeitet haben.
Daniel: Wir müssten das eigentlich mal auf der Bühne machen.
Ruben: Aber in dem einen Lied, da verbrennen wir ihn ja immer wieder symbolisch.
Daniel: Wir haben ein Lied, das heißt „Er brennt“ - und da kommt das dann rüber. Und irgendwann gibt es da dann eine Wende, wo es heißt:
Habt ihr denn vergessen, wer das Fest erfunden hat? -
Der Weltretter kam zu uns herab.
Gerd:
In unsre Nacht. Er hat's vollbracht.
Habt ihr für Ostern auch schon so ein Lied?
Daniel: Ja, zu Ostern gibt es auch schon ein Lied:
Das Motorrad steht schon bereit zum Repariern.
Auch Frühjahrsputz braucht Zeit mit Wischen und Poliern.
Karfreitag lädt so schön zum Party-Machen ein,
und abends zieht man sich im Fernsehen den Blockbuster rein.
Alle hängen Ostereier auf, und keiner weiß eigentlich, was los ist.
Ruben: Man nutzt die Feiertage irgendwie, aber was da eigentlich stattgefunden hat, ist für viele unwichtig. Ich habe neulich in einer Statistik gelesen, dass nur sehr wenige Menschen in Deutschland wissen, was Ostern eigentlich bedeutet.
Gerd: Und ich habe letzte Woche einige Internet-Videos zum Stichwort „Ostern“ durchgeschaut. Da hat sich das auch voll bestätigt. Viele freuen sich einfach nur über den zusätzlichen freien Tag. Aber meiner Meinung nach ist Ostern das wichtigste christliche Fest. Das kommt gar nicht mehr richtig rüber, obwohl es für uns die wichtigste Botschaft ist, die ein Mensch hören kann.
Welche Akzente setzt ihr dagegen? Schreit ihr einfach die Botschaft heraus?
Daniel: Ja, genau. So laut wir können und in unserem Stil sagen wir einfach, was wir von Ostern und Weihnachten halten. Wir reden nicht um die Sache herum und verpacken es auch manchmal in etwas Sarkasmus.
Wie reagieren die Leute darauf, denen ihr das um die Ohren ballert? Fühlen sich manche vor den Kopf gestoßen?
Daniel: Meine Kollegen in der Uni finden die Musik zwar super. Aber dann kommen schon auch mal so Kommentare, wie: „Das ist ja ganz schon Jesus-lastig.“ Auf jeden Fall fällt das auf und wird bemerkt.
Tim: Meine Kollegen auf der Arbeit achten zuerst auf die Musik. Die merken schon, dass in den Texten manchmal Gott oder Jesus vorkommen, aber sie bewerten vor allem die Musik und sagen: „Das ist cool, das fetzt.“
Daniel: Die Musik ist ja schon sehr fröhlich und zieht deswegen gewisse Gruppen von Jugendlichen an. Beim Pogo-Tanzen können die Texte natürlich etwas untergehen. Deswegen machen wir es heute Abend zum Beispiel so, dass wir die Texte beim Konzert über den Beamer laufen lassen. Alle, die sich dafür interessieren, können dann die Texte mitlesen.
Ich kenne das von Hardcore-Bands der US-Ostküste, dass die Textblätter ins Publikum geworfen haben.
Daniel: Auch No Longer Music haben auf ihren Touren durch den Ostblock Textblätter dabei gehabt. Da waren die Inhalte auf Englisch und teilweise auch in der Landessprache abgedruckt. Damit sind sie natürlich auf regen Widerstand gestoßen. Oft haben sie aber auch unglaubliche Dinge erlebt, die wir als göttliche Führung bezeichnen würden. Und der Frontsänger hat dann ein Buch geschrieben, das heißt „Dancing with Skinheads“. Für mich war das die Idee dazu, wie wir uns auch unsere Band vorstellen.
Ergeben sich dann manchmal interessante Gespräche nach Konzerten?
Gerd: Wir haben bisher noch nicht sehr viele Konzerte gespielt, weil wir zeitlich alle sehr eingespannt sind. Dadurch finden nur schwer Termine. Uns gibt es ja auch erst seit anderthalb Jahren.
Daniel: Und alle Konzerte, die wir spielen, finden dann doch halt irgendwie im christlichen Lager statt. Da ist die Botschaft nicht so fremd und stößt auch nicht auf radikalen Widerstand. Darum wollen wir in der Zukunft aber vor allem auch gerne im nicht-christlichen Bereich spielen.
Was wünscht ihr euch genau von Eurer Zukunft als Band?
Daniel: Ein größeres Ding, bei dem wir jetzt dabei sind, ist der „Upcoming Sampler 2012“. Der wird in einer größeren Auflage erscheinen und dann hoffentlich die Runde machen. Unser Stück, das wir dort beisteuern, spricht inhaltlich und musikalisch sehr gut für uns. Vom Text her ist es auch sehr fordernd, denn es geht dort um ein junges Mädchen, das ihr Herz in einer Nacht verliert. Wir wollen damit sagen, dass es nicht nötig ist, sich abzurackern, um sich Anerkennung zu verdienen, weil das jemand anderes schon leistet, nämlich Gott. Wir sind gespannt, welche Anfragen durch den Sampler auf uns zukommen werden. Auf jeden Fall sind wir sehr offen dafür, anzunehmen, was kommt.
Gerd: So weit die Zeit es zulässt, sind wir auf jeden Fall bereit.
Ruben: Und besonders gerne würden wir wie gesagt auch im nicht-christlichen Bereich spielen.
Plant ihr für die nächste Zeit auch einen eigenen Tonträger?
Daniel: Wir haben ja schon eine Demo-CD gemacht, die bei einem Freund im Hobby-Tonstudio entstanden ist. Darauf sind auch die beiden Lieder enthalten zu Ostern und Advent. Der Kostenfaktor spielt bei den Aufnahmen echt eine große Rolle. Sobald wir ein paar Euros auf die Seite gelegt haben, können wir auch einen neuen Tonträger angehen.
Gerd: Wir wollen ja die Botschaft rüberbringen. Und dabei kann eine CD natürlich helfen, aber im Mittelpunkt steht, dass wir versuchen, live zu spielen.
Daniel: Ja, wir wollen spielen, spielen, spielen. Das sehen wir auch als Evangelisation an: Punkrock, gute Laune mit 90 Minuten ausgelassener Stimmung – aber an erster Stelle steht für uns die Botschaft.
Ruben: Gerade mit der Musik passt das für uns gut zusammen.
Daniel: Wir singen deswegen auch ganz bewusst auf Deutsch.
Außerdem würden sich für euch ja vermutlich auch Guerilla-Aktionen anbieten.
Daniel: Stimmt. Aber das Gesetz halten wir natürlich doch ein.
Dafür wünsche ich euch alles Gute. Und die Show heute Abend höre ich mir auf jeden Fall an.

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