Donnerstag, 5. April 2012

Jesus

Ostern steht vor der Tür. Während viele ja meinen, dass dieses Fest gefeiert wird, weil da mal irgend so’n Hase gestorben ist, wissen wir Schlaubies natürlich, dass es an Ostern um Jesus geht. Vor langer Zeit gab es mal ein schmissiges und österliches Lied über Jesus, das auch heute noch in manchen Gesangbüchern zu finden ist, und das ging so:
Welch ein Freund ist unser Jesus,
o wie hoch ist er erhöht!
Er hat uns mit Gott versöhnet
und vertritt uns im Gebet.
Dieses Lied hat inzwischen gute 150 Jahre auf dem Buckel. Und mit seiner einfachen Melodie und dem doch recht plakativen Text erinnert es mich echt immer an einen Kindergottesdiest. Von der langweiligen Sorte. Deswegen staunte ich nicht schlecht, als heute morgen von nebenan ein Song an meine Ohren drang, der wie ein ska-punkiges Remake des ollen Klassikers klingt. Ich lief sofort rüber zu meiner Mitbewohnerin, um von ihr zu erfahren, dass dies ein Stück aus dem aktuellen Album von Nina Hagen („Volksbeat“, Universal 2011) sei:
Er hat mich inspiriert
wie niemand je zuvor:
Wenn Jesus in der Bibel spricht,
da bin ick denn ganz Ohr.
Ich hatte früher Freunde,
die leider keine war’n,
doch Jesus ist noch bei mir
nach all den vielen Jahr’n.
Im Refrain komprimiert Frau Hagen dann ihre Message, indem sie zwei Sätze ausgiebig hintereinander schleift:
Jesus ist ein Freund von mir.
Ich hab ein’ Freund in Jesus.
Daraus, dass Nina Hagen im Anschluss an verschiedene Ausflüge durch bewusstseinserweiternde Substanzen und fernöstliche Heilslehren inzwischen auf Jesus hängen geblieben ist, macht sie keinen Hehl. Nach ihrem Buch „Bekenntnisse“ (Pattloch 2010) kommt sie auch in ihrer Musik und in Interviews ständig auf Jesus und den Weltfrieden zu sprechen. Aber ein bisschen wundert es mich schon, dass man auch 150 Jahre nach „Welch ein Freund ist unser Jesus“ mit der gleichen Botschaft immer noch auf die Charts zusteuern kann. Im ersten Moment denke ich dann: „Och nö: Bitte nicht noch mehr Platitüden!“

Aber mal unter uns: Wie komplex muss eine theologische Einsicht denn sein, um dem Leben Halt geben zu können? Ich muss gestehen, dass ich die Verworrenheit der christlichen Trinitätslehre zwar hochgradig interessant finde. Aber so richtig tröstlich? Eher nicht. Und auch die Beschäftigung mit der Rhetorik des Römerbriefs zum Beispiel, die fasziniert mich sehr. Aber letztlich wird mein Leben ja nicht von anmutigen sprachlichen Konstruktionen zusammengehalten. Zum Schluss läuft mein Glaube dann eben doch wieder auf wenige sehr einfache Sätze hinaus: Dass ich mich bei Gott gut aufgehoben fühle. Dass ich darauf vertrauen kann, dass er mich nicht alleine lässt. – Das macht mir Mut. Ich muss mir wohl eingestehen, dass mein Denken sich dann doch nicht so sehr von Nina Hagens Ska-Punk-Song unterscheidet. Ich drücke es zwar lieber anders aus, aber eigentlich könnte ich es auch mit ihren Worten sagen: „Jesus ist ein Freund von mir.“ In diesem Sinne: Frohe Ostern!

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