Achtung! Rauchen kann tödlich sein. Musikhören auch. Zumindest behauptet dies Jack T. Chick. Seit den 1970ern zeichnet er christliche Comics. Das ist prinzipiell eine fantastische Idee. Allerdings ist die Botschaft, die aus den Chick-Comics spricht, – vorsichtig gesagt – etwas eigentümlich. Hier wimmelt es von Dämonen und bösen Geistern. Das Feuer der Hölle lodert. Und die Schergen des Schattenreichs haben überall auf der Welt ihre garstigen Finger im Spiel. Nicht nur die Religionen (außer dem Christentum) sind das Werk Satans sondern auch allerlei Sünden, denen die Menschen auf den Leim gehen. Es hat durchaus einen großen Unterhaltungswert, wie wunderbar ausgeprägt krass konservative Klischees die Geschichten dieser Comics bestimmen. Gleichzeitig packt mich aber auch ein leichter Schauder. Denn Chicks Schriften wollen gar nichts überzeichnen, sondern sie sind von vorn bis hinten ernst gemeint. Zu den Machenschaften des Teufels zählen hier schließlich auch die Katholische Kirche und – wer hätte es geahnt?! – die Rock-Musik.
In dem Comicheft „Spellbound“ („mit einem Fluch belegt“) stellt Chick die Musik-Industrie so dar, wie er sie sieht: Rock-Rhythmen stammen ursprünglich aus einem uralten dämonischen Kult. Die Bands, die heute solche Rhythmen verwenden, stehen folglich mit dem Teufel persönlich im Bunde. Sie wollen die braven Schäfchen der Kirche zum Abfall bewegen. Deswegen werden auch die Master-Aufnahmen bei den Plattenfirmen in einer aufwändigen Zeremonie den bösen Geistern geweiht.
Leider verwechselt Herr Chick dabei den Inhalt mit der Verpackung. Es mag ja sein, dass Musik sich dazu eignet, menschenverachtende oder gefährliche Botschaften zu verbreiten. Das gleiche gilt aber auch von Zeitschriften-Artikeln, Fernsehsendungen, Stammtisch-Unterhaltungen, Büchern oder – Comics. All diese Medien müssen deswegen auf ihren Inhalt hin geprüft werden. Pauschale Urteile helfen dabei wenig. Denn jedes Medium eignet sich genauso auch dazu, lebensbejahende, mutmachende und hilfreiche Nachrichten unters Volk zu bringen. Jack Chick sagt: Nein! Kinder, lasst eure Finger von dem Zeug. Denn wer Rockmusik konsumiert, landet früher oder später in der Hölle. Vermutlich eher früher.
Wie Ishmael United packt also auch Jack Chick die missionarische Keule aus. Die meisten seiner kleinen Heftchen enden damit, dass jemand dem Satan mit knapper Not gerade eben nochmal von der Forke springen und entwischen kann. Die Botschaft seiner Hefte bezeichnet Chick selbst als "Gospel", was so viel heißt wie „Evangelium“. Und dieses Fremdwort wiederum stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Frohbotschaft“. Nicht „Drohbotschaft“. Schade, dass die Freude in den Chick-Comics so wenig Raum einnehmen kann, weil das Bedrohliche bei Weitem überwiegt!
Freitag, 18. Juni 2010
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